Die Rolle von H2 im deutschen Energiesystem unter besonderer Beachtung des Verkehrssektors - SYSTÖK - Policy Brief

Abstract

Die Transformation der Antriebstechnologie leistet einen integralen Beitrag für eine zukunftssichere und klimaverträgliche Wirtschaft. Das DLR-Projekt SYSTÖK analysiert diese Transformation aus techno-ökonomischer Sicht. Das DLR gibt in acht Policy Briefs einen kompakten Überblick über die aktuelle und zukünftige Rolle von wasserstoff-basierten Antrieben und geeigneter Substitute im Straßen-, Schienen-, Luft- und Schiffsverkehr. Die Policy Briefs führen die Erkenntnisse aus zahlreichen DLR-Forschungsprojekten und weiteren wissenschaftlichen Quellen zusammen. Die Policy Briefs richten sich an die Politik, Verbände und Unternehmen. Auch der interessierten Öffentlichkeit geben sie in aller Kürze Orientierung zu aktuellen techno-ökonomischen Fragen der klimaverträglichen Mobilität von morgen. > > > Grüner Wasserstoff hat das Potenzial, entscheidend zur Dekarbonisierung des Verkehrs und anderer Sektoren beizutragen. Die Angebotsmenge und die Kosten von grünem Wasserstoff werden maßgeblich durch das regionale Wind- und Solarpotenzial beeinflusst. Dies führt dazu, dass die attraktivsten Regionen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff außerhalb Deutschlands liegen. Die Bundesregierung geht von einem Importanteil von 50 bis 70 Prozent im Jahr 2030 aus, insbesondere in Form von Wasserstoffderivaten. > In Europa wird durch die Initiative „European Hydrogen Backbone“ ein europäisches Pipelinenetzwerk aufgebaut. Es soll den Transport von Wasserstoff innerhalb Europas zu vergleichsweise geringen Kosten ermöglichen. Der Überseetransport von reinem Wasserstoff hingegen stellt eine große Herausforderung dar. Denn dafür muss der Wasserstoff energie- und kostenintensiv verflüssigt werden. Deshalb wird erwartet, dass vor allem Wasserstoffderivate wie synthetische Kohlenwasserstoffe (zum Beispiel E-Kerosin, E-Methanol) oder Ammoniak per Schiff nach Deutschland importiert werden. > Für den Einsatz von Wasserstoff im Verkehrsbereich wird entscheidend sein, zu welchen Preisen und Mengen er künftig angeboten werden kann. Dies ist noch mit hohen Unsicherheiten behaftet. Denn bislang existiert kein Markt für grünen Wasserstoff. Für einige Verkehrsträger wie die Schiene und die Straße stellt die Elektrifizierung durch Batterien oder Oberleitungen potenziell eine geeignete Alternative zur Nutzung von Wasserstoff in Brennstoffzellen dar. In der Schifffahrt ist der Einsatz von flüssigen oder gasförmigen Wasserstoffderivaten aufgrund der überlegenen volumetrischen Energiedichte wahrscheinlicher als der direkte Einsatz grünen Wasserstoffs. In der Luftfahrt sind die Klimaverträglichkeit und das geringe Gewicht von Wasserstoff grundsätzlich vorteilhaft für den effizienten Einsatz in Flugzeugen. Die Integration von Systemen zur Speicherung und Nutzung von flüssigem Wasserstoff unter Einhaltung der hohen Sicherheitsstandards der Luftfahrt ist jedoch technisch anspruchsvoll und könnte diesen Gewichtsvorteil weitgehend kompensieren. Insgesamt ist zu erwarten, dass die nachgefragte Menge nach grünem Wasserstoff als Energieträger im Verkehr im Vergleich zu anderen Sektoren mit schlechteren Substitutionsmöglichkeiten deutlich geringer ausfällt. > Der zukünftige Wasserstoffbedarf für Nicht-Mobilitätssektoren in Deutschland wird maßgeblich durch die Dekarbonisierung der Industrie und die Ausgestaltung des Strom- und Wärmesektors geprägt sein. Die energieintensiven Industrien wie Stahl und Chemie werden dabei eine zentrale Rolle spielen. Wasserstoff wird als solcher jedoch nur in bestimmten Bereichen, wie der Stahlproduktion, benötigt. Für diese energieintensiven Industrien kann es betriebswirtschaftlich sinnvoll sein, Teile der Produktionsprozesse oder sogar die gesamte Fertigung in Regionen zu verlagern, in denen der Wasserstoff kostengünstiger hergestellt wird („Renewable Pull“-Effekt). Der Einsatz von Wasserstoff in Gaskraftwerken zur Stromerzeugung birgt ein großes Potenzial, um die inländischen Schwankungen von Wind- und Solarenergie in sogenannten Dunkel-flauten auszugleichen. Diese Kraftwerke könnten als flexible Reserve dienen, wenn keine ausreichende Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht.