Ausnutzung von Metastabilität und Gitterdefekten bei der Mikrostrukturanpassung von SLM Ti-6Al-4V

Abstract

Additive Fertigung (Additive Manufacturing - AM) ist eine Technologie mit enormem Potenzial, jedoch auch hoher Komplexität. Im Gegensatz zu "herkömmlichen" Fertigungsansätzen ist AM sehr interdisziplinär und erfordert eine zusammenhängende Betrachtung der AM-Prozesse, des AM-konformen Designs und Engineerings, von Baustrategien, Nachbehandlungen und Oberflächennachbearbeitungen, da Materialeigenschaften und Bauteilherstellung eng miteinander verknüpft sind. Besonders das Selektive Laserschmelzen (Selective Laser Melting - SLM) als lagenweises, laser-basiertes AM Verfahren eignet sich für komplexe, metallische Struktur- und Funktionsbauteile. Eine große Herausforderung bei der SLM Herstellung hochbelasteter Komponenten (z.B. "class-one"-Bauteile in der Luft- und Raumfahrt) ist das Erzielen einer hohen Materialqualität, was ein genaues Verständnis des SLM-Prozessfensters und Nachbehandlungsstrategien erfordert. Für die Entwicklung einer Fertigungskette für einen aus herzustellenden Turbopumpen-Impeller eines Raketenantriebs wurde daher vor allem die Optimierung der SLM-Volumenparameter und daraufhin angepasster Wärmenachbehandlungen durchgeführt. Verschiedene SLM-Volumenparameter und Wärmebehandlungsstrategien für Ti-6Al-4V, einschließlich einer intrinsischen Wärmebehandlung und der Verwendung einer in situ Hochtemperatur-Bauraumheizung, wurden untersucht, um stabilisierte alpha/beta-Mikrostrukturen mit feinen beta-Partikeln und beta-Filmen zu erzielen. Hierzu wurden u.a. die Hochenergieröntgenbeugung und die Atomsondentomographie verwendet. Nachgeschaltete Wärmebehandlungen stabilisieren die Ti-6Al-4V-"as-built"-Mikrostrukturen durch Zersetzung des nadelförmigen Martensits, wobei es zu einer ausgeprägten Elementpartitionierung kommt. Neue beta-Phase nukleiert an den ein- und zweidimensionalen Gitterfehlern in den "as-built"-Mikrostrukturen und führt zur Zunahme der Duktilität und Abnahme der hohen Festigkeiten verglichen mit den martensitischen "as-built"-Ausgangsgefügen.