Entwicklung eines Index zur Abschätzung von Potentialen der Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken

Kurzfassung

Seit den 70er Jahren wurden ca. 30% der Bahnstrecken in Deutschland deaktiviert. In Hinblick auf die deutschen Klimaziele wächst der politische Druck zur Verbesserung des ÖV-Angebots und der Anbindung von Mittel- und Oberzentren an das Bahnnetz. Laut Koalitionsvertrag soll bis 2030 die Anzahl der Bahnkunden verdoppelt und gleichzeitig mehr Güterverkehr auf die Schiene verlagert werden. Ein Mittel hierzu kann eine Erhöhung der Kapazitäten im Regionalverkehr durch die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken darstellen. Um eine Reaktivierung zielgerichtet und effizient durchzuführen ist es notwendig die Nachfragepotentiale einzelner Strecken zu identifizieren, deren Wirkungen auf die Verkehrsnachfrage (z.B. Modal Split) auszuweisen und eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der möglichen Angebote durchzuführen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Index entwickelt, der auf Basis von Angebots- und Nachfrageindikatoren des öffentlichen Verkehrs Potentiale einer Reaktivierung ausweist. Basis für die Berechnung des Index ist das makroskopische Verkehrsnachfragemodell DEMO (DEutschland MOdell). Der ÖV wird hierbei in PTV Visum modelliert und fokussiert sich auf den Schienenverkehr und Busse. Der Schienenpersonenverkehr (SPV) ist in Form eines Schienennetzes mit hinterlegten Fahrplänen und Linien integriert, entsprechend werden Kenngrößen und Belastungen durch eine Fahrplanfeine Umlegung bestimmt. DEMO umfasst ca. 9.500 Haltestellen und ca. 80.000 Linien, welche über Anbindungen von den 6.633 Bezirken erreichbar sind. Auf Basis des Modells wird ein Index zur Darstellung der Potentiale der Reaktivierung von Bahnstrecken erstellt. Es werden Kernindikatoren identifiziert und ausgewählt, die eine Aussage über Potentiale der Nutzung einer zu reaktivierenden Verbindung zulassen. Sie können grob in Angebotsindikatoren wie z.B. Erschließungsqualität, Bedienungsqualität und Verbindungsqualität von bereits bestehenden Angeboten und Nachfrageindikatoren wie z.B. Gesamtverkehrsaufkommen, Modal Split, usw. gegliedert werden. Basierend darauf wurde eine Methodik zur Kombination/Fusion der Kernindikation in einen aussagekräftigen Index erarbeitet. Fokus lag hier auf der Gewichtung der Kernindikatoren. Ergebnis ist ein Index, der für alle stillgelegten Bahnstrecken in Deutschland berechnet und auf verschiedene räumliche Level (z.B. Verkehrszellen, Gemeinden, einzelne Streckenabschnitte oder gesamte Streckenverläufe) aggregiert werden kann um die Potentiale von Bahnstreckenreaktivierungen auf Basis von Angebots- und Nachfrageindikatoren auszuweisen. Anwendung soll der Index in der Planung von Streckenreaktivierungen finden und insbesondere bei der Priorisierung bestimmter Strecken behilflich sein. Adressaten sind somit politische Entscheidungsträger, Gemeinden und Verkehrsbetreiber.