Effekte von individueller Kontrolle auf thermischen Komfort: Ein psychologischer Effekt oder einfach die „richtige“ Temperatur?

Abstract

Dass die Kontrolle über die klimatischen Bedingungen in Innenräumen einen positiven Effekt auf den subjektiven Komfort hat, gilt als erwiesen. Dennoch ist bislang offen, ob der Komfortgewinn auf die wahrgenommene Kontrolle zurückzuführen ist, oder auf die Möglichkeit, individuell passende Bedingungen einzustellen. In der vorliegenden Studie wurde diese Fragestellung in einem experimentellen Design für Bahnreisende untersucht. Für insgesamt 84 Versuchspersonen wurden in einem ICE-Versuchsträger Winterbedingungen simuliert, so dass Infrarot-Heizpaneele und Sitzheizungen sinnvoll genutzt werden konnten, um die mittlere Innenraumtemperatur den eigenen Präferenzen entsprechend anzupassen. In einer zweiten experimentellen Bedingung waren dieselben Heizelemente aktiv, konnten jedoch nicht individuell geregelt werden. Stattdessen wurden die zuvor eingestellten Bedingungen für alle Versuchspersonen automatisch wiederhergestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass die individuelle Kontrolle über die Klimabedingungen keine Auswirkung auf den thermischen Komfort hatte. Lediglich in Bezug auf das körperliche Wohlbefinden ergab sich ein tendenzieller psychologischer Effekt zugunsten der Kontrollmöglichkeit. Insgesamt war der Effekt individueller Kontrolle gering, sie wirkte nur als Mittel zum Zweck, um eine passende Temperatur einzustellen. Für die Klimatisierung im Fernverkehr lässt sich schlussfolgern, dass der individuelle Komfort der Reisenden nicht gesteigert werden kann, indem den Reisenden – zum Teil wartungsintensive – Kontrollmöglichkeiten über die Temperatur zur Verfügung gestellt werden. Neue Klimatisierungskonzepte könnten sich vielmehr auf die Entwicklung individueller Komfortzonen konzentrieren, in denen das individuell „richtige“ Klima bereitgestellt wird.