Ergebnisse einer Schlafstudie zur Wirkung von nächtlichen Überschallknallen zukünftiger ziviler Überschallflugzeuge auf die Aufwachwahrscheinlichkeit

Kurzfassung

Aufgrund der Bestrebungen zivile Überschallflugzeuge und -flüge über bewohnten Gebieten wiedereinzuführen, werden derzeit neue Überschall-Verkehrsflugzeuge (Low-Boom-Design) und Flugverfahren (Mach-Cut-off) entwickelt, die beim Überschallflug einen weniger impulshaften und leiseren Knall unterhalb der Flugroute am Boden erzeugen. Um der Politik zu ermöglichen, Regularien und Schutzkonzepte festzulegen, besteht Forschungsbedarf zur Lärmwirkung dieser neuartigen Überschallknalle auf den Menschen, insbesondere auf den Schlaf. In einer doppelblind durchgeführten Laborstudie wurde der Schlaf von 37 gesunden Versuchspersonen (Alter M = 35 ± 12 Jahre SD, 18 Frauen) in drei aufeinanderfolgenden Testnächten polysomnografisch untersucht. Die erste Testnacht diente als Kontrollbedingung, in den zwei folgenden Nächten wurden je 40 simulierte Überschallknallereignisse, wie sie von zukünftigen zivilen Low-Boom-Flugzeugen (Low-Boom-Bedingung) und unter zusätzlicher Anwendung eines speziellen Flugverfahrens (Mach-Cut-off-Bedingung) erwartet werden, akustisch eingespielt. Die Reihenfolge der beiden Nächte mit eingespielten Überschallknallen war ausbalanciert und den Versuchspersonen randomisiert zugeordnet. Die ereigniskorrelierte Analyse der Aufwachereignisse und die Anwendung von generalisierten linearen gemischten Modellen mit logistischer Funktion zeigte, dass die Aufwachwahrscheinlichkeit in der Low-Boom- und in der Mach-Cut-off-Bedingung höher war als in der Kontrollbedingung. Im Vergleich zum Schlafstadium 2 war die Aufwachwahrscheinlichkeit im REM-Schlaf und Tiefschlaf niedriger. Mit Zunahme der verstrichenen Schlafzeit stieg die Aufwachwahrscheinlichkeit und eine Interaktion mit dem Schlafstadium weist darauf hin, dass damit zudem die protektive Wirkung von Tief- und REM-Schlaf abnahm. Die vorliegende Studie liefert einen ersten wichtigen Schritt zur Prognose ereignisbezogener Schlafstörungen durch nächtliche Überschallknalle zukünftiger ziviler Überschallflugzeuge. Obwohl die Lärmimmissionen dieser Low-Boom-Überschallflugzeuge weniger impulshaft und leiser sind als die von konventionellen Überschallflugzeugen, können sie dennoch Aufwachreaktionen induzieren. Die Anwendung des lärmmindernden Mach-Cut-off-Flugverfahrens kann die Aufwachwahrscheinlichkeit hingegen minimieren.