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Nächtlicher Verkehrslärm und seine Folgen für den Schlaf, die kognitive Leistungsfähigkeit und die Belästigung des Menschen

Elmenhorst, Eva-Maria (2016) Nächtlicher Verkehrslärm und seine Folgen für den Schlaf, die kognitive Leistungsfähigkeit und die Belästigung des Menschen. Habilitation, DLR, Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin.

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Kurzfassung

Die vorliegende Arbeit berichtet die Ergebnisse umfangreicher Labor- und Felduntersuchungen zu den Auswirkungen des nächtlichen Verkehrslärms der drei Hauptverkehrsträger Flug-, Straßen- und Schienenverkehr auf die kognitive Leistung, den Schlaf und die Belästigung von Anwohnern. Die Auswirkungen des Fluglärms wurden an 112 Versuchspersonen in je neun Lärmnächten im Labor sowie an 62 Probanden in je neun Nächten in ihrer häuslichen Umgebung untersucht. In einer weiteren Feldstudie zu den Wirkungen des nächtlichen Bahnlärms wurden 33 Versuchspersonen in je neun Nächten begutachtet. Die Wirkungen des Lärms der drei Hauptverkehrsträger wurden im Labor an 72 Probanden systematisch verglichen und auf kumulative Effekte untersucht. Die kognitive Leistung wurde jeweils am Morgen nach der lärmgestörten Nacht mit Hilfe eines psychomotorischen Vigilanztests erfasst. Die Polysomnographie diente zur Beurteilung des Schlafs. Die Belästigung wurde durch Fragebögen erhoben. Zum Zeitpunkt der Untersuchungen waren zwei Fragestellungen von besonderem Interesse: Zum einen sollte eruiert werden, ob ein Schienenverkehrsbonus, der aufgrund von Belästigungsurteilen gestattet wurde (d.h. im Vergleich zu Straßenverkehr wird erst bei höherer Belastung Lärmschutz gewährt), auch für nächtliche Reaktionen im Schlaf gerechtfertigt ist. Zum anderen sollte geprüft werden, wie sich kombinierte Expositionen durch mehrere Verkehrslärmarten auswirken, da bei Lärmschutzmaßnahmen bisher jede Verkehrslärmart einzeln betrachtet wird. Unsere Untersuchungen zeigten wiederholt signifikante Verschlechterungen der kognitiven Leistungsfähigkeit nach lärmgestörten Nächten. Diese Leistungseinbußen waren jedoch gering und unspezifisch für die Art des Lärms. Sie zeigten keine Veränderungen nach kombinierter Exposition. Die Makrostruktur des Schlafs war unter Lärm signifikant verändert im Sinne eines verringerten Tiefschlafanteils und einer verschlechterten Schlafkontinuität. Im Umfang waren die Veränderungen jedoch gering, was darauf schließen lässt, dass es Mechanismen gibt, die trotz steigender Schlaffragmentierung die Schlafstruktur zu erhalten versuchen. Bei direkter zeitlicher Assoziation der Lärmereignisse mit Reaktionen im Schlaf konnte nachgewiesen werden, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Erwachen aus dem Schlaf signifikant mit steigender Lärmbelastung in Form einer exponentiellen Expositions-Wirkungsbeziehung zunahm. Die Ergebnisse der Feldstudien zeigten, dass Geräusche des Bahnverkehrs eine höhere Wahrscheinlichkeit für lärmassoziiertes Erwachen nach sich zogen als Geräusche des Flugverkehrs. Auch aus den vergleichenden Laboruntersuchungen ging hervor, dass trotz des balancierten Studiendesigns die Aufwachwahrscheinlichkeit sowie die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten kortikaler und kardialer Arousal in der Reihenfolge Bahnverkehr > Straßenverkehr > Flugverkehr abnahm. Es fanden im Untersuchungszeitraum Habituierungsvorgänge statt, die für kortikale Arousal sowohl innerhalb einer Nacht als auch im Verlauf mehrerer Nächte beobachtet wurden, während kardiale Arousal lediglich innerhalb einer Nacht habituierten. Dies kann eine mögliche Ursache für langfristige negative Folgen von Lärmexposition für das kardiovaskuläre System sein. Die nächtliche Belästigung stieg ebenfalls im Sinne einer Expositions-Wirkungsbeziehung mit steigender Lärmbelastung, wobei die Belästigung nach Fluglärmexposition stärker ausfiel als nach Bahnlärm. Das Empfinden von Belästigung stieg insbesondere mit der Anzahl der nächtlichen Lärmereignisse sowie mit zunehmender Wohndauer und geringen Angaben, sich an Lärm gewöhnen zu können, als nicht-akustische Moderatoren. Die wichtigsten Schlussfolgerungen, die sich aus unseren Studien ableiten, sind: Die Wahrscheinlichkeit physiologischer Reaktionen im Schlaf ist bei gleicher Lärmbelastung am höchsten durch Bahnlärm und am geringsten durch Fluglärm ausgeprägt, während die kurzfristige (nächtliche) Belästigung sowie auch die langfristige Belästigung ein entgegengesetztes Bild zeigen. Physiologische Reaktionen können also im Vergleich der Verkehrsträger nicht aus Belästigungsurteilen abgeleitet werden. Ein Schienenverkehrsbonus ist in Deutschland zumindest in der Nacht nicht gerechtfertigt. Dementsprechend wird seit Mitte des Jahres 2013 bei neu eingeleiteten Planfeststellungsverfahren für Eisenbahnen kein Schienenverkehrsbonus mehr gewährt. Die gemeinsame Exposition mit mehreren Verkehrslärmarten wirkt kumulativ. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die separate Betrachtung von Verkehrslärmquellen, wie bisher üblich, in einer multiplen Belastungssituation nicht adäquat ist, um Belästigung zu bewerten (Ortscheid & Wende 2002). Dies konnten wir nun auch für die nächtliche Exposition bestätigen und auch für Reaktionen im Schlaf nachweisen. Für Lärmschutz sollte entsprechend ein ganzheitliches Konzept der Lärmsituation entwickelt werden. Aus dem Wissen um akustische Charakteristika der Geräusche, die physiologische Reaktionen begünstigen, können weitere Empfehlungen abgeleitet werden. Wir konnten nachweisen, dass sowohl die Anstiegssteilheit des Schalldruckpegels als auch der maximale Schalldruckpegel wertvolle Prädiktoren darstellen, die beide stark mit der Geschwindigkeit des Verkehrsmittels assoziiert sind. Gerade nachts können hohe Anstiegssteilheiten des Schalldruckpegels durch Geschwindigkeitsbegrenzungen vermieden werden. Die Energie in den hohen Frequenzbändern kann sowohl durch passiven Schallschutz am Schlafzimmer, durch Abschirmungsmaßnahmen als auch durch Verbesserungen auf technischer Seite an den Fahrzeugen vermindert werden.

elib-URL des Eintrags:https://elib.dlr.de/108425/
Dokumentart:Hochschulschrift (Habilitation)
Titel:Nächtlicher Verkehrslärm und seine Folgen für den Schlaf, die kognitive Leistungsfähigkeit und die Belästigung des Menschen
Autoren:
AutorenInstitution oder E-Mail-AdresseAutoren-ORCID-iDORCID Put Code
Elmenhorst, Eva-Mariaeva-maria.elmenhorst (at) dlr.dehttps://orcid.org/0000-0003-0336-6705NICHT SPEZIFIZIERT
Datum:2016
Referierte Publikation:Ja
Open Access:Nein
Status:veröffentlicht
Stichwörter:Lärm, Schlaf, Leistung, Belästigung
Institution:DLR, Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin
Abteilung:Flugphysiologie
HGF - Forschungsbereich:Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr
HGF - Programm:Luftfahrt
HGF - Programmthema:Luftverkehrsmanagement und Flugbetrieb
DLR - Schwerpunkt:Luftfahrt
DLR - Forschungsgebiet:L AO - Air Traffic Management and Operation
DLR - Teilgebiet (Projekt, Vorhaben):L - Faktor Mensch und Sicherheit in der Luftfahrt (alt)
Standort: Köln-Porz
Institute & Einrichtungen:Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin > Flugphysiologie
Hinterlegt von: Sender, Alina
Hinterlegt am:29 Nov 2016 09:51
Letzte Änderung:01 Dez 2018 19:52

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