Gewerbliche Fahrradnutzung - Einsatzformen, Treiber und Hemmnisse

Kurzfassung

Das städtische Wirtschaftsverkehrsaufkommen wächst in Deutschland seit Jahren kontinuierlich an. Seine negativen Externalitäten (Stau, Emissionen, Lärm, sinkende Verkehrssicherheit und Aufenthaltsqualität) und das Ziel der EU-Verkehrspolitik einer im Wesentlichen CO2-freien Stadtlogistik in großen städtischen Zentren bis 2030 setzen Kommunen und Unternehmen zunehmend unter Handlungsdruck, um Wirtschaftsverkehr effizienter und umweltfreundlicher zu gestalten. Einen Beitrag kann hier verstärkte gewerbliche Fahrradnutzung, insbesondere der Einsatz von Lastenrädern, leisten. Derzeit liegt allerdings eine große Diskrepanz zwischen dem hohen theoretischen Substitutionspotenzial von Lastenrädern und ihrer noch marginalen Nutzung im gewerblichen Kontext vor, deren Ursachen bislang unklar und nur wenig erforscht sind. Ziel dieses Vortrags ist daher eine Kategorisierung der bestehenden Einsatzformen von Lastenrädern sowie eine Beschreibung des breiten Spektrums von Treibern und Hemmnissen bei der Lastenradnutzung im Wirtschaftsverkehr. Die Ergebnisse dieses Artikels basieren auf dem im Rahmen des Forschungsprogramms Stadtverkehr vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur laufenden Forschungsvorhaben „Untersuchung des Einsatzes von Fahrrädern im Wirtschaftsverkehr“. Sie basieren methodisch auf einer Kombination aus Sekundärrecherche (Bestandsaufnahme von Demonstrationsprojekten und Initiativen) und qualitativen Expertengesprächen mit insgesamt 45 Unternehmen und Branchenkennern, welche in ihren Tätigkeitsprofilen Berührungspunkte mit den Belangen gewerblicher Fahrradnutzung aufweisen. Die Einsatzformen in der gewerblichen Anwendung von Fahrrädern und Lastenrädern sind vielfältig. Sechs wesentliche Marktsegmente innerhalb des Wirtschaftsverkehrs konnten identifiziert werden: Postdienstleistung, Kurierdienstleistung, Paketdienstleistung, Lieferservice, Werkverkehr und Personenwirtschaftsverkehr. Der Vortrag beschreibt die Spezifika dieser Marktsegmente näher. Angelehnt an Forschungsbeiträge zur Adoption von Innovationen können die Einflussfaktoren auf die gewerbliche Fahrradnutzung in drei Gruppen eingeteilt werden: umfeldspezifische, unternehmensspezifische und fahrzeugspezifische Faktoren. Diese Faktoren können die Lastenradnutzung sowohl positiv (Treiber) als auch negativ (Hemmnis) beeinflussen. Der Vortrag zeigt hierfür Praxisbeispiele auf und leistet eine Strukturierung der Einflussfaktoren bei der Einführung von Lastenrädern im Wirtschaftsverkehr. Zu den umfeldspezifischen Merkmalen zählen regulative Rahmenbedingungen, sozialräumlicher Kontext sowie ökonomisches Umfeld. Die unternehmensspezifischen Faktoren befinden sich im Spannungsfeld von rationaler Abwägung und subjektiven Einstellungen: Flottenbezogene Entscheidungsprozesse spielen ebenso wie unternehmerische Strategien eine Rolle, einen Einfluss haben aber auch die subjektive Einstellungen und das Wissen der Entscheider. In der dritten Gruppe stehen die Fahrzeugeigenschaften im Vordergrund, die von den Unternehmen als entscheidend in ihrer Bewertung des Lastenrads genannt wurden. Sie können unterteilt werden in den Grad der Eignung für die Transportaufgaben (Kompatibilität), dem Vergleich des Lastenrads mit konventionellen Fahrzeugen (relativer Vorteil/Nachtteil) sowie der Verfügbarkeit von Lastenrädern (Erprobbarkeit).